Meine Herren, L’Chaim! (2024)

Bräuche

Welche Trinksprüche es in der jüdischen Tradition gibt – und wie man darauf antwortet

vonRabbiner Avraham Radbil11.06.2020 10:15 Uhr

Meine Herren, L’Chaim! (1)

Welche Trinksprüche es in der jüdischen Tradition gibt – und wie man darauf antwortet

vonRabbiner Avraham Radbil11.06.2020 10:15 Uhr

Es gibt einen bekannten Brauch, vor dem Segen über den Wein, insbesondere am Schabbat, die Worte »Sawri Maranan« (»Aufmerksamkeit, meine Herren«) oder Birschut Maranan (»Mit Ihrer Erlaubnis, meine Herren«), je nach Brauch, zu sagen.

Eine der Erklärungen für diese Praxis ist, dass der Wein in den gesamten Schriften sowohl als positive, aber auch als negative Substanz dargestellt wird. Wein war immer die Quelle des Segens, jedoch auch des Fluches. Die Tora berichtet erstmals von Wein in der Geschichte von Noach, kurz nach der Sintflut. Aus Kummer betrank sich Noach außerordentlich und verfluchte nach einer Reihe unglücklicher Ereignisse Sohn und Enkel.

LOT In diesem Fall sehen wir Wein, der mit Unglück und Tod verbunden ist. Und Wein war es, der Lot dazu brachte, Inzest mit seinen Töchtern zu begehen (1. Buch Mose 19,21). Daher zeigt das Wort »Sawri«, das »mit Ihrer Erlaubnis« bedeutet, dass wir im Begriff sind, Wein zu trinken, aber nur mit reinsten Absichten.

Es ist ein Gebot, ja, ein Gebet, die bevorstehende Trinkstunde möge keinen Schaden anrichten. Darüber hinaus antworten Sefardim gewöhnlich mit »L’Chaim« (zum Leben), nachdem sie »Sawri« gehört haben, um den Wunsch anzuerkennen und dazu beizutragen, dass nichts Negatives von der aktuellen Versammlung kommt (Kol Bo 25).

Es wird gelehrt, dass G’tt alle Sünden vergibt, wenn Juden beim Trinken »L’Chaim« zu einander sagen.

Auch bei der Entscheidung, ob eine Person zum Tode verurteilt werden soll, sagten einst die Richter des Beit Din zu denen, die die Zeugen befragten: »Sawri Maranan«. Wenn sie dachten, dass die Person verschont bleiben sollte, antworteten sie: »L’Chaim«. Wenn sie ihn jedoch zum Tode verurteilen wollten, antworteten sie: »Lemita«. Darüber hinaus sollte die zum Tode verurteilte Person vor ihrer Hinrichtung starken Wein erhalten, um den Schmerz und das Bewusstsein für das Geschehen zu lindern (Talmud, Sanhedrin 43a).

FUNKTION Es ist allgemein üblich, den Genuss aller alkoholischen Getränke mit dem Wort »L’Chaim« einzuleiten, falls jemand anderes anwesend ist. Einer der Gründe dafür ist, wie oben ausgeführt, dass Kriminellen unmittelbar vor ihrer Hinrichtung Wein und andere alkoholische Zubereitungen zur Verfügung gestellt wurden, um ihr Leiden zu lindern. Wenn man »L’Chaim« sagt, erklärt man allen Anwesenden, dass die Funktion dieses Getränks als Feier des Lebens und nicht als Vorbereitung auf den Tod gedacht ist (Bach, O.CH.174).

Ein weiterer Grund ist, dass Adam laut der Tradition vom Wein betrunken war, den er bei seiner Hochzeitszeremonie getrunken hatte. Das führte dazu, dass er und Chawa die verbotene Frucht aßen. In der Tat gibt es die Ansicht, dass die verbotene Frucht die Traube war, die Adam und Chawa zu Wein verarbeitet haben (Talmud, Brachot 40a).

Es ist bemerkenswert, dass wir »L’Chaim« immer im Plural sagen.

Dieses brachte der Welt für immer den Tod. Das Aufsagen von »L’Chaim« soll dies in Erinnerung rufen und korrigieren (Daat Sekenim, Schmini 10,9). Wie bereits erwähnt, führte Wein ebenfalls zum Untergang Noachs. Deshalb sagen wir »L’Chaim«, um zu verkünden, dass wir nicht wollen, dass unser Trinken weiteren Schaden anrichtet (Minchat Jitzchak 6,135).
Obwohl die meisten »L’Chaim« sagen, bevor sie den Segen für Wein oder ein anderes alkoholisches Getränk rezitieren, sagen einige es, nachdem sie den Segen bereits rezitiert und zuerst ein wenig getrunken haben (O.CH. 174, Pri Megadim).

TOAST Man sollte antworten »L’Chaim towim u’leSchalom« oder »L’Chaim u’liWracha«, wenn man jemanden »L’Chaim« sagen hört (Kaf Hachaim, O.CH. 168,108). Es wird gelehrt, dass G’tt alle Sünden vergibt, wenn Juden beim Trinken »L’Chaim« zu einander sagen (Minchat Jitzchak 6,135). Der Brauch, beim Trinken einen Toast zu sprechen, wurde bereits von den Weisen des Talmuds praktiziert (Talmud, Schabbat 67b).

Es ist bemerkenswert, dass wir »L’Chaim« immer im Plural sagen. Dies soll uns daran erinnern, dass ein sinnvolles Leben mit anderen geteilt wird. Es gibt eine Ansicht, dass das Anstoßen von Gläsern mit einer anderen Person vor dem Trinken ein nichtjüdischer Brauch ist und vermieden werden sollte (Mewasser Tov 2,79), obwohl es eine Reihe von Theorien über den Ursprung des Anstoßens gibt, das allgemein nicht als halachisch problematisch betrachtet wird.

Einer der Gründe dafür, dass die zehn Stämme Israels aus dem Land Israel verbannt wurden, war der übermäßige Alkoholkonsum (Amos 6). Uns wird aber auch gesagt, dass die Welt mit köstlichem Wein gesegnet wird, wenn der Maschiach kommt (Joel 4,8). Auch hier sieht man die doppelte Bedeutung des Weines.

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FAQs

What is the meaning of a L Chaim? ›

L'Chaim in Hebrew is a toast meaning "to life". When a couple becomes engaged, they get together with friends and family to celebrate. Since they drink l'chaim ("to life"), the celebration is also called a l'chaim.

What does L Chaim mean in English? ›

A Toast to Life “L'Chaim” is a Hebrew phrase that translates to “to life.” But it's more than just words; it's a heartfelt toast, a cultural celebration, and a testament to the joy of shared moments.

How to respond to L-Chaim? ›

In responding to L'chayim there are two versions:
  1. L'chayim Tovim Ul'Shalom, "for good life, and for peace." The reason for this blessing is that the first time drinking wine is mentioned in the Torah, there were undesirable results. ...
  2. The Maggid of Mezritch used to respond L'Chayim VeLivracha.
Jun 3, 2012

How do you say "to life" in Yiddish? ›

This Hebrew word meaning "to life" is oft- heard when toasting health and happiness.

What do Jews say for cheers? ›

L'chayim” means “to life” and is a classic Jewish toast, said before drinking alcohol. It is much the same as when the British say “Cheers” or Spanish-speakers say “Salud” (to your health) when raising a glass.

Is L Chaim Yiddish? ›

This is Hebrew, not really Yiddish (although it is used in Yiddish as are many Hebrew phrases) it literally means “to life”. L'chaim,” means “to life,” and is a classic Jewish toast, said before drinking alcohol.

What do Jews say sneeze? ›

Practices. The traditional Jewish response to a sneeze is the Aramaic phrase assuta (Jewish Babylonian Aramaic: אָסוּתָא; Ashkenazi pronunciation: assusa), to which the sneezer replies with barukh tiheyeh (Hebrew: בָּרוּךְ תִּהְיֶה, 'may you be blessed').

What do Jews say before drinking wine? ›

Lift the cup of wine or grape juice and recite the following: Baruch ata Adonai, Eloheinu Melech ha-olam, boreh p'ri hagafen. Blessed are You, God, Ruler of the universe, who creates the fruit of the vine.

What do Jews reply to Shalom? ›

Shalom aleichem

This form of greeting was traditional among the Ashkenazi Jewish communities of Eastern Europe. The appropriate response is "Aleichem Shalom" (עֲלֵיכֶם שָׁלוֹם) or "Upon you be peace." (cognate with the Arabic-language "assalamu alaikum" meaning "The peace [of ] be upon you.)"

What is the Yiddish word for shut up? ›

Here's how you tell them to 'shut up' in Yiddish! #1 Halt s'moyl! (Shut your mouth) #2 Halt s'pisk (Shut your piehole) #3 Shvayg shoyn (Shut up already).

How do you say beautiful girl in Yiddish? ›

A SHAYNA MAIDEL means "a pretty girl" in Yiddish and explores how a family comes together in the aftermath of WWII.

What does L Chaim mean 18? ›

Het-Yud spells the word Chai (חי), usually pronounced like the English word “hi” or “high,” which is a word and symbol that means “life.” In fact, a common Jewish toast “L'Chaim!,” which means, “To Life!” is often said at celebrations in anticipation of all the good things to come.

What is Yiddish for funeral? ›

The funeral, the procession accompanying the body to the place of burial, and the burial, are referred to by the word levayah, meaning "escorting." Levayah also indicates "joining" and "bonding." This aspect of the meaning of levayah conveys the suggestion of a commonality among the souls of the living and the dead.

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